Zwei Kinder bei der Gartenarbeit; Rechte WDR (TV-Bild)

Ernte gut, alles gut: Das Projekt "Gartenglück"

Von Carolin Wagner



Knallrote Tomaten, riesige Zucchini, knackfrische Salatköpfe und herrlich duftendes Basilikum: Davon träumt jeder Hobbygärtner. Das Kölner Projekt „Gartenglück“ macht es möglich – mitten in der Großstadt. Für Familien mit Kindern, die keinen eigenen Garten haben, ist das Gemüse-Selbsternte-Projekt eine Möglichkeit, gemeinsam draußen aktiv zu sein.

Gemüse für den ganzen Sommer

Mütter mit ihren Kindern bei der Gartenarbeit; Rechte WDR (TV-Bild)Das Prinzip ist einfach: Die Initiatoren Evgeny Ivanov und Katrin Ivanov-Below, beide studierte Ökolandwirte, haben einen 0,6 Hektar großen Acker gepachtet und mit 30 Gemüsesorten bepflanzt. Die Fläche wurde in 40 Parzellen aufgeteilt und gegen einen einmaligen Saisonbeitrag von 160 Euro an Interessierte für einen Sommer vermietet. Praktisch, gerade für unerfahrene Gärtner, denn sie müssen ihr Gemüsebeet nicht aufwendig bearbeiten, sondern nur noch pflegen und die Ernte einfahren. Und die ist reichlich: Eine fünfköpfige Familie ist die Saison über mit frischem Gemüse im Gegenwert von etwa 500 Euro versorgt. Kohlrabi, Gurken, Salat, Tomaten, Mangold, Möhren, Fenchel und vieles mehr – manchmal zu viel, um das Geerntete selbst essen zu können. Alles in Ökoqualität, was insbesondere bei den jungen Familien gut ankommt.

Es geht auch ohne grünen Daumen

Um erfolgreich Gemüse auf dem eigenen Acker zu ernten, braucht man weder viel Vorerfahrung noch einen besonders grünen Daumen. Katrin Ivanov-Below und Evgeny Below haben sich für die Mitstreiter einen besonderen Service überlegt: Zweimal in der Woche kommen die jungen Agraringenieure auf den Gemüseacker, um die „Gartenglückler“ zu beraten und Fragen zu beantworten: Wie erntet man Basilikum richtig? In welchem Abstand müssen die Kohlrabi nachgepflanzt werden oder was haben die Fressstellen auf den Kohlköpfen zu bedeuten? Fragen, die sich Laien beim Gärtnern stellen. Außerdem informieren Aushänge auf dem Gelände über das jahreszeitliche Gartengeschehen.

Besonders schätzen die Gemüseanbauer die ins Internet gestellten saisonalen Rezepte sowie das Angebot, dass alle notwendigen Arbeitsgeräte sowie das Gießwasser kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Sinnliches Gärtnervergnügen für Kinder

Mütter mit ihren Kindern bei der Gartenarbeit; Rechte WDR (TV-Bild)Die vielen Kinder im Gartenglück sind voll in ihrem Element, wenn sie in der Erde buddeln, Pflanzen gießen oder die Hängebauchschweine mit Gartenabfällen füttern. Für die Kleinen ist es ein tolles Erlebnis, den Stangenbohnen beim Klettern zuzusehen, die ersten eigenen Tomaten zu ernten oder von der selbst großgezogenen Gurke zu probieren. Wenn sie hautnah mitbekommen, wie das Gemüse wächst und aus einem zarten Pflänzchen ein Riesenkürbis wird, entwickeln sie automatisch Achtung vor den Lebensmitteln, denn „sie haben von Anfang an gesehen, wie das Gemüse auf einmal bombastisch aus dem Boden kam. Da, wo vorher blanker Acker war, wuchs auf einmal eine Gurke, die Tomaten wurden langsam hochgebunden“, so Gabi Tylla, Mutter von drei gartenbegeisterten Söhnen.

Ein- bis zweimal in der Woche kommen die Tyllas auf ihren Gemüseacker. Der vierjährige Mats Tylla ist inzwischen regelrechter Profi in Sachen Gemüseanbau und überrascht seine Eltern mit Fachwissen, bei dem so mancher Erwachsene ins Staunen geraten würde: Zum Beispiel, dass Mangold rote und gelbe Stiele haben kann und ähnlich wie Spinat schmeckt, nur ein bisschen mehr nach Erde. Stolz führt er die ersten reifen Möhren vor und zeigt, wie man sie aus der Erde nimmt, ohne dass sie zerbrechen. Durch das Gärtnern erfahren die kleinen „Gartenglückler“ ganz nebenbei etwas über die Zusammenhänge der Natur. Die Eltern freuen sich über das „Aha-Erlebnis“ und die Erkenntnis ihrer Sprösslinge, dass Gemüse nicht aus dem Supermarkt kommt, sondern wochenlang wachsen muss, bevor es gegessen werden kann. Genau das ist ein Ziel der „Gartenglück-Initiatoren: „Für uns ist es wichtig, dass sich die Kinder mit der Natur auseinander setzen und ihnen vermittelt wird, wo ihre Lebensmittel eigentlich herkommen“, so Katrin Ivanov-Below.

Zuckererbsen statt Pommes Frites

Das Konzept der Ökolandwirte vom „Gartenglück“ geht auf. Was die Kinder selbst gegossen und geerntet haben, schmeckt ihnen auf einmal. Während die meisten Kinder auf die Frage nach ihrem Lieblingsessen mit „Chips oder Pommes Frites“ antworten, antwortet Mats für einen Vierjährigen eher ungewöhnlich: „Zuckererbsen mag ich am liebsten.“ Eigentlich klar, denn die hat er mit sehr viel Leidenschaft und Mühe über Wochen gepflegt.

Eine andere Mutter berichtet, wie durch das eigene Gärtnern aus ihren gemüsehassenden Kindern plötzlich das Gegenteil wurde: „Die haben alle vorher keinen Salat gegessen. Dann waren die dabei, als wir den ersten Salat ernteten und anschließend haben die den regelrecht verschlungen. Die fanden das ganz toll, dass sie jetzt diesen Salat aus dem eigenen Garten essen konnten. So einfach kann die Konfrontationstherapie mit dem Gemüse sein.“

Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Servicezeit: Familie vom 31. August 2005 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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